Familie und Private Krankenversicherung (PKV) – alles, was Sie wissen müssen
Diese Seite richtet sich an Familien, die vor ganz praktischen Fragen stehen: Wie versichern wir unser Kind – gesetzlich oder privat? Was passiert in Elternzeit, Teilzeit oder bei Trennung? Und was ändert sich, wenn das Kind volljährig wird, studiert oder den ersten Job annimmt?
Der Leitfaden ergänzt die allgemeine Seite zur privaten Krankenversicherung (PKV) in Aachen und konzentriert sich konsequent auf Familienkonstellationen. Er ist bewusst neutral formuliert, nennt keine einzelnen Versicherer und soll Ihnen helfen, typische Fallstricke zu vermeiden und die richtigen Fragen zu stellen – in der Beratung, bei Ihrer Krankenkasse oder beim Versicherer.
In 60 Sekunden: Das Wichtigste für Familien mit PKV-Bezug
Wenn Sie nur einen kurzen Überblick möchten, helfen Ihnen diese Punkte:
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Die Kindernachversicherung nach § 198 VVG ist gesetzlich zwingend.
Besteht für mindestens einen Elternteil eine private Vollversicherung, muss der Versicherer das Kind bei fristgerechter Anmeldung in der Regel ohne Risikoprüfung ab Geburt aufnehmen. -
GKV-Familienversicherung ist kein Automatismus.
Ob ein Kind beitragsfrei familienversichert sein kann, hängt vom Versicherungsstatus und Einkommen der Eltern ab – insbesondere davon, wer mehr verdient und ob die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschritten wird. -
Beamtenkinder haben Sonderregeln durch Beihilfe.
Der Beihilfeanspruch des Kindes ist häufig an den Kindergeldanspruch gekoppelt. Fällt dieser weg, kann aus einem günstigen Restkostentarif eine vollwertige PKV mit deutlich höheren Beiträgen werden. -
Teilzeit, Elternzeit und erste Jobs der Kinder können den Status kippen.
Veränderungen beim Einkommen – etwa durch Elternzeit oder Nebenjobs von Studierenden – können Familienversicherung, PKV-Status und Beihilfeanspruch beeinflussen. -
Trennung, Unterhalt und Grenzgänger-Situationen erfordern eine genaue Prüfung.
Wer für die Beiträge der Kinder aufkommt, wie der Versicherungsstatus nach Umzug oder Arbeitsplatzwechsel ist und was steuerlich berücksichtigt werden kann, sollte immer konkret geklärt werden.
1. Ausgangslage – Familienmodelle & typische Konstellationen
1.1 Klassische Konstellationen
Für die Krankenversicherung von Kindern ist nicht nur die Frage GKV oder PKV entscheidend, sondern auch das Zusammenspiel der Eltern: Wer ist wo versichert, verdient wie viel, und besteht eine Ehe oder Lebenspartnerschaft? In der Praxis begegnen immer wieder ähnliche Muster, an denen man sich gut orientieren kann.
| Konstellation | Eltern-Status | Typische Ausgangslage für das Kind |
|---|---|---|
| Beide Eltern GKV | Angestellt, pflichtversichert in der GKV | Kind ist in der Regel beitragsfrei familienversichert, solange die Voraussetzungen erfüllt sind. |
| Ein Elternteil PKV, ein Elternteil GKV | Häufig ein höher verdienender PKV-Elternteil | Je nach Einkommensverteilung kann das Kind entweder beitragsfrei familienversichert sein oder „muss“ in die PKV. Hier wird es komplex und eine exakte Prüfung ist notwendig. |
| Beide Eltern PKV | Angestellt oberhalb der JAEG oder selbstständig | Kinder werden meist ebenfalls in der PKV versichert. Familienversicherung in der GKV ist hier in der Regel keine Option. |
| Ein Elternteil angestellt, ein Elternteil selbstständig | GKV/PKV-Mischformen | Je nach Konstellation kann Familienversicherung möglich oder ausgeschlossen sein. Die Einkommensprüfung ist hier besonders wichtig. |
| Patchwork-Familie | Unterschiedliche Versicherungsstatus, z. B. neue Ehepartner | Für jedes Kind sind der jeweilige unterhaltspflichtige Elternteil und dessen Versicherungssituation maßgeblich. Hier sind oft Einzelfallprüfungen erforderlich. |
Wichtig ist: Es gibt kein „Standard-Familienmodell“, bei dem die richtige Lösung auf der Hand liegt. Schon kleine Änderungen beim Einkommen oder bei der Arbeitszeit können den Versicherungsstatus der gesamten Familie beeinflussen.
1.2 Beamtenfamilien – erster Überblick
Bei Beamtinnen und Beamten spielt neben GKV und PKV die Beihilfe eine zentrale Rolle. Kinder von beihilfeberechtigten Eltern erhalten in der Regel einen Beihilfeanspruch (zum Beispiel 80 %), der durch eine PKV-Restkostenversicherung ergänzt wird. Die Kombination lautet dann: Beihilfe des Dienstherrn + PKV für den verbleibenden Prozentsatz.
Besonders wichtig ist, dass der Beihilfeanspruch eines Kindes an bestimmte Voraussetzungen geknüpft ist, etwa an den Bestehen eines Kindergeldanspruchs. Endet dieser, kann auch der Beihilfeanspruch entfallen und das Kind benötigt eine 100 %-PKV-Versicherung. Darauf gehen wir bei den Beamtenkindern und beim Übergang ins Erwachsenenalter noch einmal ausführlich ein.
2. Kindernachversicherung nach § 198 VVG – Schutz ab Geburt
2.1 Grundprinzip der Kindernachversicherung
Die Kindernachversicherung nach § 198 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) ist eine zentrale Schutzfunktion für Neugeborene. Sie gilt, wenn mindestens ein Elternteil bereits eine private Vollversicherung hat. Dann ist der Versicherer gesetzlich verpflichtet, das Kind aufzunehmen, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind.
Im Kern gilt:
- Besteht am Tag der Geburt für mindestens einen Elternteil eine private Krankenvollversicherung, muss der Versicherer das neugeborene Kind ohne erneute Risikoprüfung aufnehmen.
- Die Anmeldung muss innerhalb von zwei Monaten nach der Geburt erfolgen. Der Versicherungsschutz gilt dann rückwirkend ab Geburt.
- Der Versicherungsschutz des Kindes darf den des versicherten Elternteils in der Regel nicht übersteigen (kein „besserer“ Tarif als beim Elternteil).
- Eine Mindestversicherungsdauer des Elternteils (maximal drei Monate) kann vertraglich vorgesehen sein.
Diese Regelung ist nicht „Kulanz“ einzelner Versicherer, sondern eine gesetzliche Pflicht. Sie soll sicherstellen, dass ein Kind nicht wegen gesundheitlicher Auffälligkeiten bei oder unmittelbar nach der Geburt von der PKV ausgeschlossen wird, wenn die Eltern bereits privat vollversichert sind.
2.2 Fristversäumnis – was passiert, wenn die 2 Monate überschritten werden?
In der Praxis wird die Zwei-Monats-Frist nach der Geburt teilweise übersehen – etwa, weil die ersten Wochen mit medizinischen Themen und Organisation ausgefüllt sind. Wird die Frist versäumt, entfällt der gesetzliche Aufnahmeanspruch ohne Risikoprüfung.
Die Konsequenz:
- Das Kind kann zwar weiterhin in der PKV versichert werden, jedoch nur noch nach einer vollständigen medizinischen Risikoprüfung.
- Bestehen bereits bekannte Erkrankungen, Entwicklungsstörungen oder Komplikationen (z. B. Frühgeburt, Herzfehler, chronische Erkrankungen), kann der Versicherer Zuschläge verlangen, Leistungen ausschließen oder im Extremfall die Aufnahme ablehnen.
- Der Schutz ist dann nicht mehr automatisch rückwirkend ab Geburt gewährleistet, sondern beginnt zu einem späteren, vertraglich vereinbarten Zeitpunkt.
Gerade bei Frühgeborenen oder Kindern mit auffälligen Befunden ist die fristgerechte Anmeldung daher von hoher Bedeutung. Eltern sollten unmittelbar nach der Geburt prüfen, bei welchem Elternteil eine Vollversicherung besteht und wie der Ablauf der Kindernachversicherung konkret geregelt ist.
2.3 Sonderfall Adoption
Bei Adoptionen stellt sich die Frage, ab wann die Frist für die Kindernachversicherung nach § 198 VVG beginnt. Relevant ist nicht der biologische Geburtstermin an sich, sondern der Zeitpunkt, zu dem das Kind rechtlich oder faktisch in den Haushalt aufgenommen wird.
Typischerweise ist das:
- der Zeitpunkt der Inpflegenahme (wenn das Kind in den Haushalt aufgenommen wird), oder
- der Zeitpunkt des rechtskräftigen Adoptionsbeschlusses.
Ab diesem Zeitpunkt läuft die Zwei-Monats-Frist zur Anmeldung. Auch hier gilt: Besteht für einen Elternteil bereits eine Vollversicherung, kann eine Kindernachversicherung ohne Risikoprüfung möglich sein, wenn die Frist eingehalten wird und der Tarifumfang des Kindes nicht höher ist als der des Elternteils.
3. GKV-Familienversicherung vs. PKV-Kindertarif
3.1 Beitragsfreie Familienversicherung in der GKV
Die beitragsfreie Familienversicherung ist eine Besonderheit der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Kinder und bestimmte Angehörige können beitragsfrei mitversichert sein, wenn gesetzlich definierte Voraussetzungen erfüllt sind. Die Details finden sich unter anderem beim GKV-Spitzenverband.
Vereinfacht gilt für Kinder:
- Sie sind mit einem Elternteil gesetzlich krankenversichert.
- Sie haben keinen eigenen, versicherungspflichtigen Erwerbsstatus.
- Sie überschreiten bestimmte Einkommensgrenzen nicht (wichtig ab 18 Jahren und bei Nebenjobs, siehe Abschnitt 12).
- Es liegen keine Ausschlussgründe vor, etwa ein höheres Einkommen des privat versicherten Elternteils.
Ob die Familienversicherung möglich ist, hängt meist von folgender Frage ab: Wer ist der „besser verdienende“ Elternteil und wie ist dieser versichert?
Entscheidungsbaum Familienversicherung (vereinfacht)
| Konstellation | Voraussetzungen erfüllt? | Familienversicherung des Kindes |
|---|---|---|
| Beide Eltern GKV-pflichtversichert | Ja | Kind in der Regel beitragsfrei familienversichert. |
| Ein Elternteil GKV, ein Elternteil PKV, GKV-Elternteil verdient mehr | Ja | Familienversicherung meist möglich. |
| Ein Elternteil GKV, ein Elternteil PKV, PKV-Elternteil verdient mehr und über JAEG | Nein | Familienversicherung in der GKV häufig ausgeschlossen, Kind braucht eigene Absicherung (GKV oder PKV). |
| Beide Eltern PKV | Nein | Familienversicherung in der GKV in der Regel nicht möglich. |
In der Beratung sollte dieser Entscheidungsweg immer individuell anhand der aktuellen Einkommens- und Familienverhältnisse geprüft werden. Schon ein Wechsel in Teilzeit, eine Gehaltserhöhung oder ein Jobwechsel kann dazu führen, dass die Voraussetzungen für die Familienversicherung entfallen oder neu entstehen.
3.2 PKV-Kindertarife – Struktur und Leistungslogik
Werden Kinder in der PKV versichert, erfolgt dies meist in eigenen Kindertarifen. Diese sind in der Regel günstiger als Erwachsenentarife, decken aber ähnliche Leistungsbereiche ab: ambulant, stationär, zahnärztlich und weitere Bausteine.
Typische Merkmale von PKV-Kindertarifen:
- Ambulante Leistungen wie freie Arztwahl, ggf. höhere Erstattungssätze nach GOÄ, erweiterte Vorsorgeuntersuchungen und teilweise schnellere Terminvergabe.
- Stationäre Leistungen wie Wahlleistungen (z. B. Zweibettzimmer, Chefarztbehandlung) oder erweiterte Erstattungen für Begleitpersonen im Krankenhaus.
- Zahn- und KFO-Leistungen, die über den GKV-Standard hinausgehen, zum Beispiel bei hochwertigen Füllungen, KFO-Behandlungen oder Zahnersatz im Jugendalter.
- Regelungen zu Hilfsmitteln, Heilmitteln und Psychotherapie, die für Kinder mit chronischen Erkrankungen oder Entwicklungsbesonderheiten wichtig sein können.
Im Unterschied zur beitragsfreien Familienversicherung in der GKV fallen für PKV-Kindertarife eigene Beiträge an, die monatlich einkalkuliert werden müssen. Dafür hängt der Leistungsumfang nicht vom Haushaltseinkommen oder Familienstand ab, sondern von der vertraglich vereinbarten Tarifstruktur.
3.3 Sonderfall Beamtenkinder (Beihilfe + Kind)
Kinder beihilfeberechtigter Eltern erhalten in der Regel einen eigenen Beihilfeanspruch. Dieser deckt einen bestimmten Prozentsatz der Krankheitskosten (z. B. 80 %), der durch eine PKV-Restkostenversicherung ergänzt wird. Die Kombination ist eine typische Lösung, da sie oftmals günstiger ist als eine Vollversicherung ohne Beihilfe.
Wesentlich ist, dass der Beihilfeanspruch der Kinder zumeist an die Voraussetzungen für den Kindergeldanspruch geknüpft ist. Endet der Kindergeldanspruch – zum Beispiel mit Abschluss der ersten Berufsausbildung, bei Überschreiten der Altersgrenze oder bei bestimmten Einkommenskonstellationen – kann der Beihilfeanspruch wegfallen. Das Kind benötigt dann häufig eine 100 %-PKV-Absicherung, was zu deutlich höheren Beiträgen führen kann.
Dieser Übergang ist ein häufig unterschätzter Kostentreiber und sollte frühzeitig geplant werden. Mehr dazu im Abschnitt zum Übergang ins Erwachsenenalter.
4. Entscheidungslogik – Muss oder soll das Kind in die PKV?
4.1 Typische Entscheidungspfade für Familien
Aus Elternsicht stellt sich die Frage meist so: „Dürfen wir unser Kind in der GKV familienversichert lassen oder muss es in die PKV? Und was ist sinnvoll?“ Die Antwort ergibt sich aus einer Kombination aus rechtlichen Vorgaben und persönlichen Prioritäten.
Vereinfacht können Sie sich an den folgenden Fragen orientieren:
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Wie sind die Eltern versichert?
GKV/GKV, GKV/PKV, PKV/PKV, Beihilfe/PKV oder weitere Mischformen. -
Wer ist der „Hauptverdiener“?
Maßgeblich ist das regelmäßige Gesamteinkommen. Verdient der privat versicherte Elternteil mehr und liegt über der Jahresarbeitsentgeltgrenze (JAEG), kann die Familienversicherung des Kindes ausgeschlossen sein. -
Welche Leistungen sind Ihnen wichtig?
Möchten Sie primär Beitragsersparnis oder ist ein erweiterter Leistungsumfang für Ihr Kind entscheidend? -
Wie stabil ist Ihre Lebensplanung?
Sind längere Auslandsaufenthalte, ein Wechsel in Teilzeit oder eine Verbeamtung geplant?
Rechtlich ist zunächst zu klären, ob eine Familienversicherung in der GKV überhaupt zulässig ist. Wenn ja, besteht eine Wahlmöglichkeit zwischen beitragsfreier Familienversicherung und eigenständigem PKV-Kindertarif. Wenn nein, muss das Kind selbst versichert werden – entweder in der GKV als eigenständiges Mitglied oder in der PKV. Die Details hängen von Status, Einkommen und der jeweiligen Lebensphase ab.
5. Schwangerschaft, Mutterschutz, Elterngeld und Elternzeit
5.1 Was sich rund um die Geburt in der Krankenversicherung ändert
Rund um Schwangerschaft und Geburt überschneiden sich mehrere Themen: medizinische Leistungen, Mutterschaftsleistungen, Elterngeld und die Frage, wie sich Elternzeit und Arbeitszeitveränderungen auf den Versicherungsstatus auswirken.
In der GKV werden Leistungen rund um Schwangerschaft und Geburt nach den gesetzlichen Regelungen erbracht, Mutterschaftsgeld wird in Kombination aus Krankenkasse und Arbeitgeber gezahlt. In der PKV erfolgt die Kostenerstattung für medizinische Leistungen nach den vereinbarten Tarifen, es gibt aber kein „Mutterschaftsgeld“ im Sinne einer Lohnersatzleistung aus der PKV. Hier greift das allgemeine System aus Arbeitgeberleistungen und gesetzlichen Ansprüchen.
Mit Beginn der Elternzeit stellen sich unter anderem folgende Fragen:
- Bleibt der bisherige Versicherungsstatus bestehen oder entsteht Versicherungspflicht in der GKV?
- Wie werden Beiträge in der PKV während der Elternzeit finanziert?
- Ändert sich durch ein reduziertes Einkommen die Einordnung im Zusammenspiel GKV/PKV der Eltern?
Eltern, die heute knapp über der JAEG versicherungsfrei sind und in der PKV bleiben, können durch Elternzeit und später Teilzeit unter die neue JAEG rutschen. Dann kann Versicherungspflicht in der GKV entstehen – mit Auswirkungen auch auf die Möglichkeit der Familienversicherung für die Kinder. Dieses Zusammenspiel wird im Abschnitt zur Teilzeit und zum Übergang ins Erwachsenenalter genauer beleuchtet.