Berufsunfähigkeitsversicherung für angestellte Anwälte
Angestellte Anwälte leben von ihrer geistigen Leistungsfähigkeit, ihrer Belastbarkeit und ihrer Reputation. Gleichzeitig tragen sie häufig Verantwortung für Familie, Immobilienkredit und eine anspruchsvolle Karriere in der Kanzlei. Schon ein längerer Ausfall durch Burnout, Depression, Krebs oder eine andere schwere Erkrankung kann daher schnell existenzielle Folgen haben. Genau hier setzt die Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) an.
Dieser Artikel zeigt, wie angestellte Anwälte ihre BU sinnvoll aufbauen, wie das Versorgungswerk einzuordnen ist, welche Höhe der BU-Rente realistisch ist und warum die Zwei-Vertragslösung in der Praxis oft ein entscheidender Hebel ist.
In 60 Sekunden: So gehst du bei der BU als angestellter Anwalt vor
- Ermittele, welche BU-Leistung dein Versorgungswerk im Ernstfall ungefähr zahlen würde.
- Berechne deinen tatsächlichen Bedarf: 70–80 % deines Nettoeinkommens plus späterer PKV-Beitrag und Kreditraten.
- Plane eine private BU, die diese Lücke schließt – möglichst mit Zwei-Vertragslösung und Nachversicherungsoptionen.
- Achte bei der Tarifauswahl auf Berufsdefinition, Verweisungsklauseln, AU-Klausel, Dynamik und solide Bedingungen zu psychischen Erkrankungen.
- Ergänze ein passendes Krankentagegeld, um die Lücke nach der Lohnfortzahlung zu schließen.
- Arbeite mit vollständigen, aber gut vorbereiteten Gesundheitsangaben und – bei Bedarf – anonymisierten Risikovoranfragen.
1. Warum BU für angestellte Anwälte unverzichtbar ist
Juristische Arbeit findet überwiegend im Kopf statt: lange Tage am Schreibtisch, hohe Konzentration, komplexe Mandate, Verhandlungen, Fristen und Verantwortung für wirtschaftlich bedeutende Fälle. Dazu kommen oft ein Eigenheim, Kinder und der Wunsch, die Karriere in Richtung Partnerschaft zu entwickeln.
Gerade dieses Paket erhöht jedoch das Risiko, dass psychische Belastungen, Burnout oder körperliche Erkrankungen irgendwann dazu führen, dass du deinen Beruf nicht mehr im bisherigen Umfang ausüben kannst. Sobald der Einkommensstrom versiegt, wird schnell sichtbar, wie fragil das bisherige Sicherheitsnetz ist.
2. Versorgungswerk & private BU – wer leistet was?
2.1 Was das Versorgungswerk bei Berufsunfähigkeit wirklich leistet
Als angestellter Anwalt bist du in der Regel Mitglied eines anwaltlichen Versorgungswerks. Dieses übernimmt die Rolle der gesetzlichen Rentenversicherung und zahlt später eine Altersrente sowie – unter engen Voraussetzungen – eine Berufsunfähigkeitsrente. Auf den ersten Blick klingt das nach „BU-Schutz inklusive“, in der Praxis sieht es jedoch deutlich komplizierter aus.
In vielen Versorgungswerken gilt: Eine Rente wird nur gezahlt, wenn du deinen Anwaltsberuf im Kern gar nicht mehr ausüben kannst und die Tätigkeit praktisch vollständig aufgibst. Häufig ist damit verbunden, dass du deine Zulassung als Rechtsanwalt zurückgibst und auch keine anwaltliche Tätigkeit über Vertreter, Teilzeitmodelle oder andere Konstruktionen aufrechterhältst. Teilweise wird zusätzlich geprüft, ob du in irgendeiner Form noch als Anwalt tätig sein kannst, zum Beispiel in einer anderen Funktion.
Zudem sehen einige Satzungen konkret vor, dass eine Berufsunfähigkeitsrente erst dann in Betracht kommt, wenn du nicht mehr in der Lage bist, täglich mehr als eine bestimmte Stundenzahl – zum Beispiel drei Stunden – anwaltlich tätig zu sein und dies voraussichtlich dauerhaft so bleibt. In der Konsequenz bedeutet das: Solange du „irgendwie“ noch arbeiten kannst oder willst, bekommst du meist keine Rente vom Versorgungswerk.
2.2 Typische Schwächen der Versorgungswerks-BU aus Anwaltssicht
Neben den hohen medizinischen und berufsbezogenen Hürden kommen weitere Punkte hinzu, die du als angestellter Anwalt kennen solltest:
- Sehr hohe Zugangshürde: In der Praxis erhält nur ein sehr kleiner Teil der Mitglieder eines Versorgungswerks überhaupt eine BU-Rente. Viele Betroffene sind zwar gesundheitlich stark eingeschränkt, erfüllen aber die strengen Voraussetzungen der Satzung nicht oder scheuen die vollständige Aufgabe des Berufs.
- Vollständige Aufgabe des Berufs: Häufig musst du deine anwaltliche Tätigkeit komplett einstellen und deine Zulassung zurückgeben. Eine Tätigkeit als Anwalt „auf kleiner Flamme“ oder ein sanfter Übergang in andere Aufgaben ist kaum mit einer Versorgungswerksrente vereinbar.
- Abstrakte Verweisung: Das Versorgungswerk kann prüfen, ob du noch in einer anderen, als zumutbar angesehenen Tätigkeit arbeiten könntest – zum Beispiel in einer juristischen Funktion außerhalb der klassischen Anwaltsrolle. Wenn aus Sicht des Versorgungswerks eine solche Tätigkeit möglich wäre, kann das zu einer Leistungsverweigerung führen.
- Höhe der Rente: Die BU-Rente des Versorgungswerks liegt – gerade bei noch relativ jungen Anwälten – häufig nur im Bereich von wenigen tausend Euro. Sie orientiert sich an den eingezahlten Beiträgen und der Dauer der Mitgliedschaft, nicht an deinem aktuellen Lebensstandard mit Familie und Hauskredit.
- Kein vertraglich garantierter Inflationsschutz: Die Rentenhöhe kann zwar angepasst werden, die langfristige Kaufkraft deiner BU-Rente ist jedoch nicht „vertraglich garantiert“, sondern hängt von der finanziellen Entwicklung und Beschlusslage des Versorgungswerks ab.
- Steuer- und Abgabenlast: BU-Renten aus dem Versorgungswerk werden – ähnlich wie andere Renten – besteuert; außerdem musst du in der Regel Beiträge zu Kranken- und Pflegeversicherung aus der Rente bestreiten. Der Nettoeffekt fällt damit niedriger aus, als es der Bruttobetrag vermuten lässt.
- Änderbare Spielregeln: Die Bedingungen ergeben sich aus der Satzung des Versorgungswerks und können künftig geändert werden. Du hast also keinen klassischen, unveränderbaren Versicherungsvertrag, sondern bist Teil eines Systems, dessen Regeln sich anpassen können.
2.3 Rolle der privaten BU: Feintuning statt „Luxus-Extra“
Die private Berufsunfähigkeitsversicherung setzt genau dort an, wo das Versorgungswerk große Lücken lässt. Sie orientiert sich nicht abstrakt an einem Berufsbild im weiteren Sinne, sondern sehr konkret an deinem zuletzt ausgeübten Beruf als angestellter Anwalt – mit seinen typischen geistigen, organisatorischen und zeitlichen Anforderungen.
Ein wesentlicher Unterschied liegt bereits beim Leistungsauslöser: Eine gute private BU leistet in der Regel, wenn du voraussichtlich dauerhaft zu mindestens 50 % berufsunfähig bist. Es ist also nicht erforderlich, dass du deine Zulassung zurückgibst oder überhaupt nicht mehr arbeiten darfst. Vielmehr kannst du weiterhin in Teilzeit arbeiten, in eine andere, weniger belastende anwaltliche Funktion wechseln oder eine alternative Tätigkeit ausüben – ohne dass dadurch zwingend die BU-Rente entfällt.
Hinzu kommt, dass du die Höhe der privaten BU-Rente individuell an deinem tatsächlichen Bedarf ausrichten kannst. Ziel ist, gemeinsam mit der Versorgungswerksrente rund 70–80 % deines Nettoeinkommens sowie den Beitrag für deine Krankenversicherung (GKV oder später PKV) zu sichern. Über Nachversicherungsoptionen und Dynamiken lässt sich dieser Schutz an Gehaltssprünge, Partnerwerdung und Familienplanung anpassen.
2.4 Versorgungswerk vs. private BU im direkten Vergleich
| Merkmal | Versorgungswerk | Private BU | Konsequenz für angestellte Anwälte |
|---|---|---|---|
| Auslöser der Leistung | In der Praxis oft nur bei nahezu vollständiger Berufsunfähigkeit und Aufgabe der anwaltlichen Tätigkeit. | Leistet meist ab 50 % Berufsunfähigkeit im zuletzt ausgeübten Beruf. | Viele gesundheitliche Einschränkungen, die das Arbeiten als Anwalt kaum zulassen, lösen nur in der privaten BU eine Leistung aus. |
| Berufliche Situation im Leistungsfall | Oft nur bei vollständiger Aufgabe des Berufs, teils mit Rückgabe der Zulassung. | Weiterarbeit in reduziertem Umfang oder in anderer Tätigkeit ist grundsätzlich möglich. | Mit privater BU kannst du deinen Beruf flexibler anpassen, ohne die Rente zu verlieren. |
| Verweisung auf andere Tätigkeiten | Häufig abstrakte Verweisung auf andere zumutbare Tätigkeiten möglich. | Gute Tarife verzichten auf abstrakte Verweisung; konkrete Verweisung ist an eine tatsächlich ausgeübte Tätigkeit gebunden. | Private BU schützt dein konkretes Berufsprofil als angestellter Anwalt deutlich besser. |
| Höhe der Rente | Durch Beiträge und Satzung begrenzt, bei jüngeren Anwälten oft nur im unteren bis mittleren vierstelligen Bereich. | Individuell wählbar, an 70–80 % Netto plus Krankenversicherungsbeitrag anpassbar. | Versorgungswerk = Sockel, private BU = bedarfsgerechter Lückenschluss. |
| Inflationsschutz | Kein vertraglich garantierter Inflationsausgleich; Anpassungen abhängig von Beschlüssen. | Dynamik und Leistungsdynamik vertraglich vereinbar. | Mit privater BU kannst du Kaufkraftverluste gezielt begrenzen. |
| Rechtliche Stabilität | Regelungen stehen in der Satzung und können geändert werden. | Vertraglich garantierte Bedingungen über die Laufzeit. | Du bist beim Versorgungswerk stärker von zukünftigen Entscheidungen des Kollektivs abhängig. |
| Steuern & Krankenversicherung | BU-Rente wird als Rente besteuert; Beiträge zu Kranken- und Pflegeversicherung sind in der Regel daraus zu zahlen. | BU-Renten sind je nach Konstellation teilweise steuerpflichtig; die konkrete Belastung lässt sich in die Gesamtplanung integrieren. | Die Netto-Wirkung der Versorgungswerksrente ist geringer als der Bruttobetrag; die private BU wird auf den Netto-Bedarf hin konfiguriert. |
| Zugang & Gesundheitsprüfung | Keine Gesundheitsprüfung, da Pflichtmitgliedschaft – aber sehr strenge Leistungsprüfung im Ernstfall. | Einmalige Gesundheitsprüfung beim Abschluss, danach oft Nachversicherung ohne neue Prüfung möglich. | Je früher du in guter Gesundheit eine private BU abschließt, desto stabiler ist dein Schutz. |
3. Wie hoch sollte die BU-Rente für angestellte Anwälte sein?
Die zentrale Frage lautet: Wie viel Geld brauchst du monatlich, um im BU-Fall weiter leben zu können, ohne sofort das Haus verkaufen oder die Ausbildung deiner Kinder infrage stellen zu müssen? Dabei geht es nicht um Luxus, sondern um einen stabilen, realistischen Basisstandard.
3.1 Zielgröße: 70–80 % Netto plus Krankenversicherungsbeitrag
Für angestellte Anwälte hat sich als Orientierung bewährt, dass die BU-Absicherung – gemeinsam mit eventuellen Leistungen des Versorgungswerks – etwa 70–80 % des aktuellen Nettoeinkommens abdecken sollte. Zusätzlich ist es sinnvoll, den späteren Beitrag einer möglichen privaten Krankenversicherung direkt mitzudenken.
Hintergrund ist, dass du auch im BU-Fall weiterhin Krankenversicherungsschutz benötigst. Wenn du später in der PKV bist, reicht die BU-Rente zwar für den Lebensunterhalt, aber ohne eingeplanten PKV-Beitrag könnte der Schutz an der falschen Stelle zu eng werden.
3.2 Praxisbeispiel – grobe Rechenskizze
Angenommen, du verdienst als angestellter Anwalt 90.000 Euro brutto im Jahr. Unter Berücksichtigung von Steuer- und Sozialabgaben ergibt sich ein bestimmtes Nettoeinkommen. Ausgehend von diesem Wert:
- berechnest du 70–80 % als Zielgröße,
- ziehst die voraussichtliche BU-Leistung des Versorgungswerks ab,
- addierst den kalkulierten PKV-Beitrag, sofern du später wechseln möchtest.
Die Differenz, die danach übrig bleibt, ist der Betrag, den die private BU monatlich leisten sollte.
4. Zwei-Vertragslösung: BU auf zwei Gesellschaften verteilen
Viele Anwälte möchten eine vergleichsweise hohe BU-Rente absichern, ohne sofort umfangreiche medizinische Untersuchungen durchlaufen zu müssen. Außerdem soll die Absicherung mit dem Einkommen wachsen, wenn der Schritt zum Partner oder in eine größere Kanzlei gelingt. Hier kommt die Zwei-Vertragslösung ins Spiel.
4.1 Funktionsweise
Statt eines einzigen großen Vertrags schließt du zwei BU-Verträge ab – idealerweise bei unterschiedlichen Versicherern. Beide Verträge laufen parallel und sichern jeweils einen Teil deiner gewünschten BU-Rente ab.
- Vertrag A: Basisvertrag mit stabiler BU-Rente für die aktuelle Versorgungslücke.
- Vertrag B: Ausbauvertrag, der die Perspektive auf höheres Einkommen und den späteren PKV-Beitrag abbildet.
4.2 Vorteile der Zwei-Vertragslösung
- Umgehung ärztlicher Untersuchungsgrenzen: Zwei kleinere Verträge können unterhalb der Schwellen bleiben, ab denen umfangreiche Untersuchungen verlangt werden.
- Mehr Nachversicherungsspielraum: Lebensereignisse wie Gehaltssprünge, Heirat, Kinder oder Hauskauf lassen sich in beiden Verträgen nutzen. Dadurch erreichst du schneller hohe BU-Renten, ohne jedes Mal eine neue Gesundheitsprüfung durchlaufen zu müssen.
- Risikostreuung: Im Leistungsfall sind zwei Gesellschaften involviert. Falls ein Versicherer länger prüft, kann der andere möglicherweise früher leisten.
4.3 Nachteile, die du einplanen solltest
- Mehr Verwaltungsaufwand: Zwei Verträge müssen abgeschlossen, gepflegt und im Ernstfall separat beantragt werden.
- Gesamtkosten etwas höher möglich: Die Summe beider Prämien kann leicht über einer großen Einzelpolice liegen.
- Verteilung auf mehrere Anbieter: Deine gesamte BU-Rente liegt nicht bei einem einzigen „Wunschversicherer“.
In der Praxis nutzen viele angestellte Anwälte die Zwei-Vertragslösung, um Schritt für Schritt von der Associate- in die Partnerwelt hineinzuwachsen, ohne die BU bei jedem Karrieresprung neu erfinden zu müssen.
5. Wichtige Tarifkriterien in der BU für Anwälte
Neben der Rentenhöhe entscheidet die Qualität der Bedingungen darüber, ob deine BU im Ernstfall wirklich das leistet, was du dir heute wünschst. Für angestellte Anwälte sind einige Punkte besonders relevant.
5.1 Berufsdefinition & Verweisung
- Berufsbild „Rechtsanwalt“: Der Vertrag sollte klar auf dein anwaltliches Berufsbild abstellen und nicht auf einen weit gefassten Sammelbegriff.
- Abstrakte Verweisung: In guten Tarifen verzichtet der Versicherer darauf, dich auf andere denkbare Tätigkeiten zu verweisen, die du theoretisch ausüben könntest.
- Konkrete Verweisung: Wenn du tatsächlich in einem anderen Beruf vollwertig tätig bist, kann eine konkrete Verweisung akzeptabel sein – hier zählen Details.
5.2 AU-Klausel (Arbeitsunfähigkeitsklausel)
Eine AU-Klausel ermöglicht eine zeitlich begrenzte Rentenzahlung, wenn du zwar (noch) nicht als berufsunfähig giltst, aber über einen längeren Zeitraum arbeitsunfähig krankgeschrieben bist. Gerade bei langwierigen psychischen oder onkologischen Erkrankungen kann dies eine wichtige Brücke sein, bis endgültig über die BU entschieden wird.
5.3 Prognosezeitraum & Leistungsdauer
Der Prognosezeitraum beschreibt, wie lange der Arzt voraussichtlich von einer Einschränkung ausgehen muss, damit Berufsunfähigkeit anerkannt wird. Üblich sind sechs Monate. Je klarer und praxisnäher diese Regelungen formuliert sind, desto besser.
5.4 Dynamik & Leistungsdynamik
- Beitrags- und Rentendynamik: Erhöht die BU-Rente im Laufe der Jahre während der Ansparphase, damit sie mit deinem Einkommen mitwächst.
- Leistungsdynamik: Steigert die BU-Rente auch während eines laufenden Leistungsbezugs, um den Kaufkraftverlust durch Inflation abzufedern.
5.5 Nachversicherung & Teilzeitklauseln
Gute Tarife bieten umfangreiche Nachversicherungsoptionen bei typischen Lebensereignissen – insbesondere bei Gehaltssprüngen, Familienzuwachs und Erwerb von Wohneigentum. Zusätzlich sind faire Regelungen wichtig, wenn du zeitweise deine Arbeitszeit reduzierst (z. B. aus familiären Gründen). Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit sollte auch dann Maßstab bleiben.
6. Gesundheitsprüfung & Antragsstrategie
Die beste BU nützt wenig, wenn der Antrag an unvollständigen oder missverständlichen Gesundheitsangaben scheitert. Deshalb lohnt es sich, hier sorgfältig vorzugehen und etwas Zeit zu investieren.
6.1 Gesundheitsangaben strukturiert aufbereiten
- Behandle die Gesundheitsfragen wie einen juristischen Sachverhalt: vollständig, korrekt, strukturiert.
- Nutze – soweit erforderlich – Patientenakten oder Auszüge, um Diagnosen und Behandlungszeiträume genau benennen zu können.
- Formuliere bei unkritischen, abgeschlossenen Themen kurze, sachliche Erläuterungen statt langer Romane.
6.2 Anonyme Risikovoranfrage
Wenn bereits mehrere Vorerkrankungen oder psychische Belastungen vorliegen, kann eine anonymisierte Risikovoranfrage sinnvoll sein. Über einen spezialisierten Makler lässt sich dann vorab prüfen, wie verschiedene Versicherer reagieren würden, ohne dass spätere Anträge bereits „vorbelastet“ sind.
6.3 Typische Fehler bei der BU-Antragstellung
- Fragen nur „überfliegen“ und relevante Behandlungen unerwähnt lassen.
- Alte Diagnosen verschweigen, obwohl sie in Arztunterlagen noch stehen.
- Ohne Rückfrage direkt bei einem einzigen Versicherer beantragen, obwohl Vorerkrankungen bestehen.
7. Krankentagegeld als Ergänzung zur BU
Die BU greift, wenn du dauerhaft zu mindestens 50 % berufsunfähig bist. Bis dahin liegt jedoch oft eine längere Phase der Arbeitsunfähigkeit, in der du zwar krankgeschrieben bist, aber noch nicht als berufsunfähig giltst. In dieser Zeit übernimmt zunächst der Arbeitgeber die Lohnfortzahlung, anschließend zahlt die Krankenversicherung Krankengeld.
Gerade bei überdurchschnittlichem Einkommen entsteht dabei eine Lücke. Ein ergänzendes Krankentagegeld sorgt dafür, dass dein Nettoeinkommen – zumindest weitgehend – weiter zur Verfügung steht, während über die dauerhafte BU noch gar nicht abschließend entschieden ist.
8. BU im Blick behalten, wenn du Partner wirst – und für den Ehepartner
8.1 Wenn aus dem angestellten Anwalt ein Partner wird
Viele angestellte Anwälte haben langfristig das Ziel, Partner in ihrer Kanzlei zu werden oder eine eigene Einheit zu gründen. Spätestens dann verändern sich Einkommen, Verantwortung und oft auch die Haftungssituation deutlich.
Deshalb sollte deine BU von Beginn an so gewählt werden, dass sie das Berufsbild „Rechtsanwalt“ allgemein absichert. Wenn sich später der Status (angestellt vs. selbstständig) ändert, ist die BU weiterhin einschlägig, und du kannst über Nachversicherungsoptionen die Rentenhöhe anpassen.
8.2 BU für den Ehepartner mitdenken
Oft wird die BU des Ehepartners unterschätzt, insbesondere wenn dieser in Teilzeit arbeitet. Trotzdem trägt dieses Einkommen zur Finanzierung des gemeinsamen Lebensmodells bei. Fällt es weg, müsst ihr entweder Betreuungs- und Haushaltsleistungen einkaufen oder der Anwalt reduziert seine Arbeitszeit – beides kostet Geld.
Eine gut gestaltete BU für den Ehepartner verhindert, dass eine Krankheit oder ein Unfall gleichzeitig das Einkommen senkt und die Ausgaben erhöht. Außerdem ist eine faire Teilzeitklausel wichtig, damit spätere Arbeitszeitänderungen nicht nachteilig ausgelegt werden.
9. Was tun, wenn eine BU nicht (mehr) möglich ist?
Es gibt Situationen, in denen ein vollwertiger BU-Schutz schwer oder gar nicht mehr zu bekommen ist, etwa nach schweren Vorerkrankungen oder längeren psychischen Behandlungen. In solchen Fällen ist es trotzdem besser, einen Plan B zu haben, statt das Thema zu ignorieren.
Denkbare Alternativen sind zum Beispiel:
- Erwerbsunfähigkeitsversicherungen mit einfacherem Risikoprofil,
- Grundfähigkeitsversicherungen, die den Verlust bestimmter Fähigkeiten absichern,
- Dread-Disease-Policen, die bei bestimmten schweren Krankheiten eine Einmalzahlung leisten.
Diese Lösungen ersetzen eine gute BU nicht vollständig. Trotzdem können sie einen Teil der wirtschaftlichen Folgen abfangen und sollten dann in eine Gesamtstrategie integriert werden.
10. Roadmap: So gehst du konkret vor
- Sammle Unterlagen deines Versorgungswerks und ermittle eine grobe BU-Rentenprognose.
- Berechne deinen finanziellen Bedarf im BU-Fall (70–80 % Netto plus Krankenversicherung und Kreditraten).
- Entscheide, ob eine Zwei-Vertragslösung für deine Karriereplanung sinnvoll ist.
- Wähle Tarife mit soliden Bedingungen (Berufsdefinition, Verweisung, AU-Klausel, Dynamik, Nachversicherung).
- Bereite deine Gesundheitsangaben sorgfältig auf und nutze bei Bedarf anonyme Risikovoranfragen.
- Ergänze ein realistisches Krankentagegeld, damit die Zeit vor der BU-Entscheidung finanziell abgesichert ist.
- Prüfe regelmäßig, ob BU-Rente und Nachversicherungsoptionen noch zu deiner Position und deinem Einkommen passen.
11. FAQ zur Berufsunfähigkeitsversicherung für angestellte Anwälte
11.1 Reicht das Versorgungswerk nicht aus?
Das Versorgungswerk bietet eine Basisabsicherung, ersetzt aber selten dein volles Einkommen. Bei jungen Anwälten mit kurzer Beitragszeit fällt die BU-Rente des Versorgungswerks meist deutlich niedriger aus als das aktuelle Nettoeinkommen. Die private BU schließt diese Lücke und orientiert sich an deinem tatsächlichen Bedarf.
11.2 Wann ist der richtige Zeitpunkt für eine BU?
Der beste Zeitpunkt liegt meistens zu Beginn des Berufslebens oder spätestens, wenn Familie und finanzielle Verpflichtungen dazukommen. Je jünger und gesünder du bist, desto einfacher ist die Annahme und desto attraktiver sind in der Regel die Konditionen. Warten verbessert die Lage selten.
11.3 Ist die Zwei-Vertragslösung immer sinnvoll?
Die Aufteilung auf zwei Verträge lohnt sich vor allem, wenn du mittel- bis langfristig deutlich steigende Einkommen erwartest oder relativ hohe BU-Renten absichern willst. In einfacheren Fällen kann ein einziger hochwertiger Vertrag vollkommen ausreichen. Es kommt daher auf deine Ziele und deine Ausgangssituation an.
11.4 Wie stark beeinflussen Vorerkrankungen meine BU-Chancen?
Vorerkrankungen sind kein Ausschlusskriterium, führen aber häufig zu Risikozuschlägen, Ausschlüssen oder in Einzelfällen zu Ablehnungen. Mit einer guten Vorbereitung der Gesundheitsangaben und anonymen Voranfragen lassen sich passende Lösungen häufig trotzdem finden.
11.5 Sollte die BU bis zum Rentenalter laufen?
In den meisten Fällen ist eine Laufzeit bis mindestens zum regulären Renteneintrittsalter sinnvoll, weil du bis dahin in aller Regel auf dein Einkommen angewiesen bist. Kürzere Laufzeiten reduzieren zwar den Beitrag, lassen dich aber ab einem bestimmten Alter ungeschützt.
11.6 Ist eine BU auch dann sinnvoll, wenn der Partner gut verdient?
Ein gut verdienender Partner kann Risiken abfedern, ersetzt aber keine verlässliche eigene Einkommensabsicherung. Die Kombination aus eigenem BU-Schutz und solider Familien- und Hausabsicherung macht euch als Haushalt insgesamt deutlich stabiler und unabhängiger.
12. Glossar – wichtige BU-Begriffe
BU Berufsunfähigkeit
Versorgungswerk Berufsständische Versorgung
Abstrakte Verweisung Verweis auf andere theoretische Tätigkeiten
Konkrete Verweisung Verweis auf tatsächlich ausgeübte Tätigkeit
AU-Klausel Leistung bei Arbeitsunfähigkeit
Nachversicherung Erhöhung ohne neue Gesundheitsprüfung
Dynamik Automatische Anpassung der BU-Rente
Leistungsdynamik Steigende Rente im Leistungsfall
Krankentagegeld Einkommensersatz bei Krankheit
Grundfähigkeitsversicherung Alternative zur BU
13. Fazit & nächste Schritte
Die Berufsunfähigkeitsversicherung ist für angestellte Anwälte ein zentraler Baustein der finanziellen Sicherheit. Das Versorgungswerk legt zwar eine Basis, aber erst die Kombination mit einer durchdachten privaten BU – idealerweise mit Zwei-Vertragslösung, soliden Bedingungen und realistisch bemessener Rentenhöhe – sorgt dafür, dass du im Ernstfall nicht in ein finanzielles Vakuum fällst.
Wer frühzeitig handelt, profitiert von besseren Konditionen und größerer Auswahl. Eine strukturierte Bestandsaufnahme deiner Verträge, eine klare Bedarfsberechnung und eine saubere Antragsstrategie zahlen sich dabei in der Regel über viele Jahre aus.
Wenn du deine persönliche Situation als angestellter Anwalt, deine Versorgungswerksposition und deine BU-Strategie miteinander verzahnen möchtest, lohnt sich eine spezialisierte Beratung, die Kammerberufe und ihre Besonderheiten kennt.