Berufshaftpflichtversicherung für angestellte Ärzte

Berufshaftpflichtversicherung für angestellte Ärzte – Leitfaden 2025/2026
Leitfaden · Berufshaftpflicht für angestellte Ärzte

Berufshaftpflichtversicherung für angestellte Ärzte – Leitfaden 2025/2026

Wie Sie als Assistenzarzt, Facharzt oder Oberarzt Ihre Haftung wirklich abgesichert bekommen – Klinikschutz, Restrisikoabsicherung, Nebentätigkeiten und private Haftpflicht in klaren Varianten.

Als angestellte Ärztin oder angestellter Arzt sind Sie rechtlich genauso persönlich haftbar wie ein Niedergelassener. Der Unterschied: Ein Teil des Risikos läuft über den Arbeitgeber – aber nicht alles. Dieser Leitfaden zeigt Ihnen, welche Absicherungsblöcke es gibt, wo Fallstricke liegen und wann eine eigene Police oder ein Restrisikokonzept sinnvoll ist.

Die berufsrechtliche Pflicht zur Absicherung und die zivilrechtliche Haftung ergeben sich u. a. aus § 630a BGB (Behandlungsvertrag) und § 823 BGB . Die Details Ihres Schutzes hängen aber von der Kombination aus Klinikversicherung, eigenen Tätigkeiten und privater Haftpflicht ab – nicht von allgemeinen Aussagen im Arbeitsvertrag.

1. Ausgangslage: Haftung als angestellter Arzt

Berufshaftpflicht für Angestellte – 60 Sekunden Kurzfassung

  • Erstens: Auch als angestellter Arzt haften Sie persönlich für Behandlungsfehler, Aufklärungsfehler und grobe Organisationsmängel – rechtlich über Behandlungsvertrag (§ 630a BGB) und Deliktsrecht (§ 823 BGB) .
  • Zweitens: Die Klinik oder der Praxisinhaber hat in der Regel eine Berufshaftpflicht (Diensthaftpflicht). Die deckt aber nur die vertraglich vereinbarte Tätigkeit – Nebentätigkeiten, Notdienste, Honorararzttätigkeiten, Gutachten oder Tätigkeiten im Ausland sind oft nicht automatisch mitversichert.
  • Drittens: Es gibt drei Hauptvarianten: (A) „Nur Klinikschutz“, (B) eigene Restrisikoabsicherung für Nebentätigkeiten, (C) eigene Voll-Police (z. B. bei leitenden Ärzten, Chefärzten, Honorarärzten).
  • Viertens: Die private Haftpflicht (PHV) ersetzt die Berufshaftpflicht nicht. Sie gehört daneben in vernünftiger Qualität in jeden Ärzte-Haushalt. Manche Tarife bieten Bausteine für angestellte Ärzte – das muss aber klar und sauber geregelt sein.
  • Fünftens: PHV in einer Berufshaftpflicht mitzubündeln kann sinnvoll sein, wenn sie integraler Bestandteil des Pakets ist. Wenn für die PHV ein eigener Beitrag gezahlt werden soll und sie nicht wirklich in der BHV „aufgeht“, ist ein eigenständiger PHV-Vertrag meist die bessere, saubere Lösung.
  • Sechstens: Die größten Fallstricke: blind auf den Klinikschutz verlassen, Nebentätigkeiten nicht anzeigen, Auslandseinsätze übersehen, Regressmöglichkeiten des Arbeitgebers ignorieren und Schadenfälle zu spät melden oder im Affekt anerkennen.

Eigene Absicherung als angestellter Arzt prüfen lassen Nebentätigkeiten & Restrisiko klären

1.1 Wer haftet wofür? – Grundmechanik als angestellter Arzt

Im Alltag läuft vieles über den Arbeitgeber: Das Krankenhaus oder die Praxis stellt Personal, Organisation, Geräte, IT und Abläufe. Fehler werden häufig „der Klinik“ zugerechnet. Juristisch ist das aber nur die halbe Wahrheit. Den Patienten interessiert am Ende vor allem eins: Wer ersetzt den Schaden?

Zivilrechtlich haften Sie als Ärztin oder Arzt persönlich für Behandlungsfehler, Aufklärungsfehler und grob fehlerhafte Organisation. Parallel haftet der Arbeitgeber als sogenannter Erfüllungsgehilfe, weil er Sie in den Behandlungsprozess einbindet. In der Praxis wird der Patient seine Ansprüche regelmäßig gegen den Träger (Klinik, MVZ, Praxis) richten – das ändert aber nichts daran, dass Sie als handelnde Person im Raum stehen.

1.2 Klinikversicherung, Diensthaftpflicht und Innenverhältnis

Fast alle Krankenhäuser und größeren Praxen haben eigene Berufshaftpflichtversicherungen. Sie sollen Schäden aus der Behandlung abdecken, die im Rahmen der dienstlichen Tätigkeit entstehen. Das nimmt Ihnen viel Druck, weil Sie nicht bei jedem Fehler privat in Vorleistung gehen müssen.

Im Innenverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gilt aber das arbeitsrechtliche Haftungsmodell (leichte Fahrlässigkeit, mittlere Fahrlässigkeit, grobe Fahrlässigkeit). In der Praxis heißt das: Bei leichter Fahrlässigkeit trägt der Arbeitgeber das Risiko, bei mittlerer kann eine anteilige Beteiligung im Raum stehen, bei grober Fahrlässigkeit sind Regressforderungen gegen Sie nicht ausgeschlossen. Ob der Versicherer hier vollständig leistet, hängt von den Bedingungen ab.

Wichtig: Die Haftungsfrage ist keine reine „Klinik-Sache“. Sie sind persönlich gut beraten, zu wissen, wie der Diensthaftpflichtvertrag Ihres Arbeitgebers aussieht – und welche Lücken Sie mit einer eigenen Absicherung schließen.

2. Absicherungsvarianten – vom „Nur-Klinikschutz“ bis zur Voll-Police

In der Praxis zeigen sich drei typische Absicherungsblöcke für angestellte Ärzte. Welche Variante passt, hängt von Ihrer Position (Assistenzarzt, Facharzt, Oberarzt, Chefarzt), Ihrer Tätigkeit (nur Klinik vs. diverse Nebentätigkeiten) und Ihrer Risikoneigung ab.

2.1 Variante A – „Nur Klinikschutz“ (Minimalansatz)

Hier verlassen Sie sich ausschließlich auf die Berufshaftpflicht des Arbeitgebers. Es gibt keine eigene Berufshaftpflichtpolice auf Ihren Namen, sondern nur die Diensthaftpflicht der Klinik bzw. Praxis.

  • Vorteile: kein eigener Beitrag, kein Verwaltungsaufwand, kein doppelter Schutz.
  • Nachteile: Sie kennen die genauen Bedingungen oft nicht, haben keinen Einfluss auf Deckungssumme, Ausschlüsse und Nachhaftung, Nebentätigkeiten und Tätigkeiten außerhalb der Klinik sind häufig gar nicht erfasst.
  • Fall für diese Variante: rein klinische Tätigkeit ohne Nebentätigkeiten, Weiterbildungsassistent ohne eigene Privatpraxis, ohne Honorararzttätigkeiten, ohne Notarztdienste außerhalb des Vertrags.

Diese Variante mag im ersten Weiterbildungsjahr noch vertretbar erscheinen. Spätestens mit ersten Nebentätigkeiten, zusätzlichen Verantwortungen und der Frage „Was ist, wenn es richtig schiefgeht?“ ist sie dünn.

2.2 Variante B – eigene Restrisikoabsicherung („Klinik plus“)

Hier bleibt der Hauptschutz über den Arbeitgeber laufen, Sie ergänzen aber gezielt um eigene Risiken: Nebentätigkeiten, Honorararzttätigkeiten, Gutachten, Tätigkeiten im Ausland oder in der eigenen Privatpraxis. Das ist der pragmatische Weg für viele Fach- und Oberärzte.

  • Idee: Der Klinikschutz bleibt im Kern zuständig für die „normale“ Tätigkeit. Die eigene Police greift überall dort, wo der Klinikschutz erfahrungsgemäß endet.
  • Typische Bausteine: Notarztdienst außerhalb der Klinik, Gutachtertätigkeit, konsiliarische Tätigkeiten, Lehrtätigkeiten, ärztliche Freundschaftsdienste, Auslandseinsätze, Telemedizin, ggf. Privatliquidationen.
  • Vorteil: Sie steuern Ihre individuelle Risikosituation, ohne das komplette Klinikrisiko doppelt zu versichern.

Diese Variante ist für viele angestellte Ärzte sinnvoll, weil sie genau das abdeckt, was im Alltag „so nebenbei“ entsteht – und sich im Klinikvertrag selten sauber wiederfindet.

2.3 Variante C – eigenständige Voll-Police (z. B. Chefärzte, Honorarärzte)

Hier sichern Sie Ihre komplette berufliche Tätigkeit über eine eigene Berufshaftpflichtpolice, teilweise zusätzlich zum Arbeitgebervertrag. Das kommt insbesondere bei Chefärzten, leitenden Ärzten mit besonderen Vertragskonstruktionen, Honorarärzten und freiberuflichen Konstellationen vor.

  • Einsatzfälle: eigenständige Honorararzttätigkeit, freiberufliche Einsätze in mehreren Häusern, Chefarztverträge mit besonderer Stellung, Kombination aus Angestelltentätigkeit und größerer Privatpraxis.
  • Vorteil: maximale Transparenz und Steuerbarkeit des eigenen Schutzes, eigene Wahl der Deckungssumme, Bedingungen, Nachhaftung und weltweiten Geltungsbereiche.
  • Nachteil: höhere Beiträge, Abgrenzungsfragen zur Arbeitgeberpolice und Abstimmungsaufwand.
Praktische Empfehlung: Wer „nur angestellt“ ist, aber regelmäßig Notdienste, Gutachten, Nebentätigkeiten oder Auslandseinsätze übernimmt, fährt mit einer sauberen Restrisikoabsicherung (Variante B) in der Regel wesentlich besser als mit einem reinen Vertrauen in die Klinikversicherung (Variante A).
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3. Restrisikoabsicherung: Was die Klinik nicht abdeckt

3.1 Typische Lücken im Arbeitgebervertrag

Die meisten Klinik- oder Praxisverträge sind darauf ausgelegt, den Standardbetrieb abzusichern. Sobald Sie aus diesem Rahmen herausgehen, wird es dünn. Typische Lücken:

  • Notarztdienst oder Rettungsdienst, der nicht über den Arbeitgebervertrag läuft.
  • Gutachtertätigkeiten für Gerichte, Versicherungen oder andere Institutionen.
  • Telemedizinische Beratungen außerhalb des Kliniksettings.
  • Privatärztliche Leistungen außerhalb des Arbeitsverhältnisses.
  • Auslandseinsätze, humanitäre Einsätze, Rotationsprogramme im Ausland.

Gute Restrisiko-Policen setzen genau hier an und definieren sauber, welche Tätigkeiten erfasst sind und wie sie zur Arbeitgeberdeckung abgegrenzt werden.

3.2 Grobe Fahrlässigkeit und Regressgefahr

Grobe Fahrlässigkeit ist der kritische Punkt. Während die Klinikversicherung in der Regel auch grob fahrlässige Fehler reguliert, behält sich der Arbeitgeber im Innenverhältnis Regressrechte vor. Gute eigene Policen verzichten auf den Einwand grober Fahrlässigkeit und schützen Sie damit auch in emotional belastenden Extremfällen.

Entscheidend ist, dass die eigene Police so ausgestaltet ist, dass sie im Fall eines Regresses des Arbeitgebers oder bei parallelen Ansprüchen des Patienten leistet. Hier lohnt sich ein Blick in die Bedingungen und ggf. ein gezieltes Fachgespräch.

3.3 Nachhaftung für angestellte Ärzte

Anders als bei Praxisinhabern geht es bei angestellten Ärzten weniger um Run-Off nach Praxisverkauf, sondern um die Frage: Was passiert, wenn Sie den Arbeitgeber wechseln, in Teilzeit gehen oder die klinische Tätigkeit einstellen? Ansprüche aus früheren Behandlungen können Jahre später erhoben werden.

Bei reiner Arbeitgeberdeckung hängt Ihre Nachhaftung von der Stabilität des Trägers und dessen Versicherungslösung ab. Bei eigener Restrisiko- oder Voll-Police können Sie die Nachhaftung gezielt gestalten und müssen nicht darauf hoffen, dass ein ehemaliger Arbeitgeber in zehn Jahren noch besteht und ausreichend versichert ist.

4. Private Haftpflicht (PHV) im Zusammenspiel mit der Berufshaftpflicht

4.1 Was ist Aufgabe der PHV, was Aufgabe der BHV?

Die private Haftpflichtversicherung deckt Schäden ab, die Sie im privaten Bereich verursachen – als Privatperson, nicht als Arzt in Ausübung Ihres Berufes. Das ist die klassische Absicherung für Stolperfallen im Alltag: beschädigte Gegenstände, Unachtsamkeiten im Privatleben, Schäden im Ehrenamt, Vermieteransprüche etc.

Die Berufshaftpflichtversicherung (BHV) für Ärzte ist dagegen auf Schäden ausgerichtet, die aus Ihrer beruflichen Tätigkeit entstehen: Diagnosen, Therapien, Aufklärung, Dokumentation und medizinisch geprägte Organisationsfragen.

4.2 PHV-Baustein in der BHV – sinnvoll oder nicht?

Manche Tarife bieten an, die private Haftpflicht „mit in die Berufshaftpflicht zu integrieren“. Klingt auf den ersten Blick praktisch – ein Vertrag, eine Police, ein Ansprechpartner. In der Praxis ist der Teufel im Detail:

  • Ist die PHV wirklich integraler Bestandteil des Vertrags – mit klaren Bedingungen, eigener Deckungssumme und sauber beschriebenem Umfang?
  • Oder wird faktisch nur eine separate PHV „angeflanscht“, für die ein eigener Beitrag fällig wird und die nichts mit der eigentlichen BHV zu tun hat?

Mein Standpunkt ist klar: Wenn für die PHV ein eigener Beitrag gezahlt werden muss und sie nicht wirklich in der BHV integriert ist, dann ist ein eigenständiger PHV-Vertrag die bessere Lösung. Sie haben mehr Auswahl, mehr Flexibilität, können die PHV bei Bedarf unabhängig wechseln und müssen nicht beide Risiken an einen Anbieter hängen.

4.3 PHV mit Arzt-Klauseln

Sinnvoll ist es, eine private Haftpflicht zu wählen, die angestellte Ärzte explizit im Blick hat. Gute PHV-Tarife:

  • erfassen auch gelegentliche Freundschaftsdienste in medizinischen Fragen, sofern keine berufliche Vergütung vorliegt,
  • decken typische erweiterte Risiken (z. B. Schlüsselverlust, Schäden aus nebenberuflichen Tätigkeiten im Rahmen klarer Grenzen),
  • haben ausreichend hohe Deckungssummen (mindestens 10 Mio. € pauschal).

Die Grenze bleibt: Sobald Sie als Arzt tätig werden – ob angestellt oder freiberuflich – gehört dieses Risiko sauber in eine Berufshaftpflicht, nicht in die private Standardpolice.

Praxisnaher Ansatz: Eine starke, eigenständige PHV plus eine saubere Berufshaftpflichtlösung (Klinik + Restrisiko oder Voll-Police) ist deutlich robuster als eine Mischkonstruktion, bei der niemand genau sagen kann, welcher Vertrag am Ende wirklich zahlen soll.

5. Typische Fallstricke und Fehler in der Praxis

5.1 „Die Klinik wird das schon zahlen“ – gefährliche Annahmen

Der Satz ist verständlich, aber riskant. Die Klinikversicherung zahlt, wenn der Fall in ihren Geltungsbereich fällt, der Vertrag sauber ist und keine groben Pflichtverletzungen im Innenverhältnis vorliegen. In Sondersituationen wird es schnell unübersichtlich:

  • Sie sind in einer anderen Einrichtung tätig als in der, deren Logo auf Ihrem Dienstvertrag steht.
  • Sie arbeiten als Honorararzt im Nachbarkrankenhaus.
  • Sie beraten eine befreundete Familie außerhalb des Dienstes.
  • Sie erstellen Gutachten oder Privatgutachten.

5.2 Nicht gemeldete Nebentätigkeiten

Viele Arbeitsverträge verlangen, dass Nebentätigkeiten angezeigt und genehmigt werden. Wer im Rettungsdienst, als Notarzt, Gutachter oder Lehrbeauftragter aktiv ist, sollte zwei Fragen klären:

  • Ist die Nebentätigkeit arbeitsrechtlich genehmigt?
  • Ist sie versicherungsrechtlich mitversichert (Klinikvertrag oder eigene Police)?

Nicht angezeigte Nebentätigkeiten sind gleich doppelt riskant: arbeitsrechtlich gegenüber dem Arbeitgeber und versicherungstechnisch gegenüber dem Versicherer.

5.3 Ausland, Telemedizin, digitale Plattformen

Telemedizinische Beratungen über Plattformen, ärztliche Tätigkeiten im Ausland, humanitäre Einsätze – all das ist heute Alltag. In vielen Klinikverträgen stehen dazu aber nur knappe oder gar keine Regelungen. Hier brauchen Sie eine klare Aussage:

  • Gilt der Schutz nur im Inland oder europaweit/weltweit?
  • Wie sind Tätigkeiten über digitale Plattformen abgedeckt?
  • Gibt es zeitliche oder räumliche Beschränkungen?

5.4 Kommunikation im Schadenfall

Auch angestellte Ärzte sollten die klassischen Obliegenheiten kennen: keine vorschnellen Schuldanerkenntnisse, keine eigenmächtigen Zusagen, enge Abstimmung mit dem Arbeitgeber und dem Versicherer. Eine gute Dokumentation und eine frühzeitige Meldung sind Pflicht, keine Kür.

Checkliste zur eigenen Situation:
  • Arbeitsvertrag und Klinikversicherung grob verstanden (Deckungssumme, Geltungsbereich)?
  • Nebentätigkeiten schriftlich genehmigt und versicherungstechnisch geklärt?
  • Eigene PHV vorhanden, aktuell und mit ausreichender Deckungssumme?
  • Bei Auslandseinsätzen und Telemedizin klare Aussagen zur Haftpflicht eingeholt?

6. Vertragspunkte, auf die Sie konkret achten sollten

6.1 Deckungssumme und Jahresmaximierung

Auch für angestellte Ärzte sind Deckungssummen im Millionenbereich Standard. Ob der Schutz über den Arbeitgeber oder eine eigene Police läuft: Alles unter 5 Mio. € pauschal mit mindestens zweifacher Jahresmaximierung ist heute knapp bemessen. Im Klinikbereich sind höhere Summen üblich – Sie sollten zumindest wissen, in welcher Größenordnung Ihr Träger unterwegs ist.

6.2 Geltungsbereich und Tätigkeitsbeschreibung

Entscheidend ist, dass Ihre tatsächliche Tätigkeit vom Vertrag erfasst wird:

  • Fachrichtung, Einsatzbereich, Funktionsposition (Assistent, Facharzt, Oberarzt).
  • Nebentätigkeiten wie Notarztdienst, Gutachten, Lehrtätigkeit, Telemedizin.
  • geografischer Geltungsbereich (nur Deutschland, EU, weltweit).

6.3 Grobe Fahrlässigkeit und Regressverzicht

Gute Bedingungen verzichten in der Berufshaftpflicht auf den Einwand grober Fahrlässigkeit. Bei Restrisiko-Policen auf Ihren Namen ist das ein wichtiger Qualitätsindikator. Parallel ist interessant, ob der Versicherer auf Regress gegen mitversicherte Personen verzichtet – das reduziert Ihr Risiko im Innenverhältnis.

6.4 Nachhaftung / Run-Off

Wenn Sie die Klinik verlassen, in eine andere Einrichtung wechseln oder die klinische Tätigkeit reduzieren, sollten Sie wissen, wie Altfälle abgesichert sind. Bei eigener Police lässt sich das vertraglich steuern; bei reiner Arbeitgeberlösung hängt alles am Träger.

Wer die eigene berufliche Situation als angestellter Arzt nüchtern betrachtet, kommt meist zu einem einfachen Ergebnis: Klinikschutz plus starke PHV reicht in vielen Fällen nicht aus. Eine saubere Restrisikoabsicherung oder bei komplexeren Konstellationen eine Voll-Police geben deutlich mehr Kontrolle und Sicherheit.
Eigene Situation strukturiert prüfen lassen

7. FAQ – schnelle Antworten für Assistenzarzt, Facharzt, Oberarzt

Reicht der Klinikschutz, wenn ich „nur“ angestellt bin?

Wenn Sie wirklich ausschließlich im Rahmen des Arbeitsvertrags tätig sind, keine Nebentätigkeiten haben und keine Auslandseinsätze machen, kann der Klinikschutz ausreichen. Sobald Sie mehr tun als das, sollten Sie mindestens über eine Restrisikoabsicherung nachdenken. Die meisten Haftungsszenarien entstehen genau dort, wo die Klinikpolice nicht mehr sauber greift.

Ich mache Notarztdienst – bin ich automatisch mitversichert?

Nicht automatisch. Entscheidend ist, ob der Notarztdienst über denselben Träger und dessen Versicherung läuft oder als eigenständige Tätigkeit gewertet wird. Das steht nicht im Bauchgefühl, sondern in den Verträgen. Wenn das unklar ist, braucht es eine separate Absicherung.

Deckt meine private Haftpflicht ärztliche Freundschaftsdienste ab?

Viele PHV-Tarife schließen beruflich veranlasste Tätigkeiten aus. Einige moderne Tarife erfassen ärztliche Freundschaftsdienste bis zu einer gewissen Grenze mit, solange keine Vergütung fließt. Das muss aber ausdrücklich so geregelt sein. Im Zweifel gehört medizinische Tätigkeit in die BHV.

Ist es sinnvoll, PHV und BHV in einem Vertrag zu kombinieren?

Nur dann, wenn die PHV integraler, sauber beschriebener Bestandteil ist und nicht einfach als zusätzlicher Baustein mit eigenem Beitrag daneben hängt. Sobald für die PHV ein separater Beitrag fällig wird und sie nicht wirklich in die BHV integriert ist, ist aus meiner Sicht ein eigener, starker PHV-Vertrag die bessere Wahl.

Ich wechsle den Arbeitgeber – was passiert mit alten Behandlungen?

Ansprüche aus der Zeit beim alten Arbeitgeber richten sich grundsätzlich gegen diesen und seine Versicherung. Wenn der Träger später fusioniert, verkauft wird oder in Schieflage gerät, wird es schnell unübersichtlich. Eine eigene Restrisiko- oder Voll-Police mit klar geregelter Nachhaftung gibt Ihnen mehr Unabhängigkeit.

Kurz gesagt: Dieser Leitfaden soll Ihnen als angestelltem Arzt eine klare Landkarte geben: Wo die Klinik Sie schützt, welche Bausteine Sie selbst steuern können und warum eine klare Trennung von Berufshaftpflicht und privater Haftpflicht – jeweils vernünftig aufgestellt – meist die stabilste Lösung ist.
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Glossar – zentrale Fachbegriffe

Die wichtigsten Begriffe im Zusammenhang mit der Haftpflicht für angestellte Ärzte kurz erklärt.

Diensthaftpflicht / Klinikhaftpflicht
Berufshaftpflichtversicherung des Arbeitgebers (z. B. Krankenhaus, MVZ, Praxis), die Schäden aus der ärztlichen Tätigkeit im Rahmen des Arbeitsverhältnisses abdeckt. Sie schützt in erster Linie den Träger, erfasst aber regelmäßig auch angestellte Ärzte als mitversicherte Personen.
Restrisikoabsicherung
Eigene Berufshaftpflichtpolice eines angestellten Arztes, die nicht den kompletten Klinikbereich doppelt absichert, sondern gezielt Lücken schließt: Nebentätigkeiten, Ausland, Telemedizin, Gutachten, Honorararzttätigkeiten etc.
Voll-Police (eigene Berufshaftpflicht)
Umfassende Berufshaftpflichtversicherung auf den Namen des Arztes, die die gesamte berufliche Tätigkeit abdeckt. Wird vor allem bei Honorarärzten, Chefärzten und komplexen Vertragskonstellationen genutzt.
Private Haftpflichtversicherung (PHV)
Versicherung für Schäden, die Sie im privaten Bereich verursachen. Deckt nicht die berufliche ärztliche Tätigkeit ab, kann aber bestimmte Freundschaftsdienste oder ehrenamtliche Tätigkeiten mit einschließen, sofern dies ausdrücklich vereinbart ist.
Grobe Fahrlässigkeit
Besonders schwerer Verstoß gegen die erforderliche Sorgfalt. Gute Berufshaftpflichtbedingungen verzichten auf den Einwand grober Fahrlässigkeit, sodass der Versicherer auch bei sehr deutlichen Fehlern leistet.
Nachhaftung / Run-Off
Zeitraum, in dem eine Berufshaftpflichtversicherung noch für Ansprüche aus der Vergangenheit eintritt, obwohl der Vertrag bereits beendet ist. Relevant beim Arbeitgeberwechsel oder bei Aufgabe der klinischen Tätigkeit.
Nebentätigkeit
Jede ärztliche Tätigkeit, die nicht unmittelbar vom Arbeitsvertrag und der Klinikstruktur umfasst ist: Notarztdienst, Gutachten, Lehrtätigkeit, freiberufliche Einsätze, Telemedizin außerhalb des Arbeitgebers usw.
Telemedizin
Diagnostik, Beratung oder Behandlung per Telefon, Video oder digitale Plattformen. Haftungsrechtlich grundsätzlich wie „normale“ Behandlung zu sehen, versicherungstechnisch aber nicht in jedem Vertrag automatisch erfasst.
Foto Jan Pohl
Jan Pohl Versicherungsmakler

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